KRYPTOWÄHRUNGEN

Aufbruch
in ein neues Währungszeitalter

Bitcoin, Ethereum und bald digitales Zentralbankgeld: Digitale Währungen demokratisieren den Zugang zum Finanzsystem, erleichtern grenzüberschreitende Zahlungen und beleben Online-Geschäftsmodelle. Sie dürfen rechtlich nicht schlechter gestellt werden als klassische Währungen.

TEXT: SVEN HILGERS

KRYPTOWÄHRUNGEN

Aufbruch in ein neues Währungszeitalter

Bitcoin, Ethereum und bald digitales Zentralbankgeld: Digitale Währungen demokratisieren den Zugang zum Finanzsystem, erleichtern grenzüberschreitende Zahlungen und beleben Online-Geschäftsmodelle. Sie dürfen rechtlich nicht schlechter gestellt werden als klassische Währungen.

TEXT: SVEN HILGERS

Während Krisen bewegen Menschen ihr Geld in sichere Anlageformen. Früher war das vor allem Gold. Heute investieren Anlegerinnen und Anleger auch immer häufiger in die Kryptowährung Bitcoin, die nach der globalen Finanzkrise 2009 entstand und nunmehr 13 Jahre alt ist. Im September hat der Gesamtmarkt für digitale Währungen erstmals ein Volumen von 2 Billionen Dollar erreicht. Damit hat sich die Marktkapitalisierung von Kryptowerten allein seit 2020 verzehnfacht.

Die Zeiten, in denen Kryptowährungen nur ein Nischenthema waren, sind damit lange vorbei. Kaum jemand bezweifelt mehr ernsthaft das transformative Potenzial von digitalen Währungen. Selbst die größte Bank der Vereinigten Staaten, JPMorgan Chase, deren Vorstandsvorsitzender Bitcoin einst als „wertlos“ bezeichnete, hat 2021 nicht nur das Kursziel für die Kryptowährung auf 136 000 Dollar gesetzt, sondern arbeitet mittlerweile an einem eigenen Coin. Uneinigkeit besteht nur über den richtigen regulatorischen Umgang mit der neuen Währungsform.

In den vergangenen Jahren sind immer neue Formen digitaler Währungen entstanden, die sich zu diversen Zwecken einsetzen lassen. Die Entwicklung lässt sich in vier Wellen unterteilen. Die Kryptowährungen markierten die erste Welle. Die mit ihr verbundene Blockchain-Technologie – eine Art dezentrale Kassenbuchverwaltung, die es ermöglicht, Transaktionen ohne zentrale Kontrollinstanz zu verifizieren – bildet die Basis für die meisten digitalen Währungen sowie für zahlreiche andere Anwendungen weit über den Finanzbereich hinaus.

Das Potenzial der innovativen Technologien, die Probleme der Finanzwelt zu bewältigen, ist enorm.

Das Potenzial der innovativen Technologien, die Probleme der Finanzwelt zu bewältigen, ist enorm.

Die Vielfalt digitaler Währungen

In der zweiten Welle folgten Ethereum und das programmierbare Geld. Nun sollten nicht mehr nur Transaktionen ohne Intermediär abgewickelt werden, sondern gleich ganze Programme in einem dezentralen System zensurresistent laufen und sogenannte Smart Contracts ermöglichen.

Dieses Potenzial wurde auch in der folgenden dritten Welle aufgegriffen, doch hier diente die Technologie dazu, mit Stablecoins der enormen Volatilität der ersten Kryptowährungen Herr zu werden. Die Kryptowährung Bitcoin schwankt schließlich teilweise um mehr als 5000 Euro am Tag. Anders als eine Kryptowährung beziehen Stablecoins ihren Wert nicht aus dem technischen Protokoll, sondern werden durch Intermediäre oder Smart Contracts an etablierte Währungen gekoppelt, um einen stabilen Wert abzubilden. Der wohl bekannteste Versuch ist Facebooks DIEM-Projekt (früher „Libra“), in dem sich das soziale Netzwerk bemüht, eine eigene Währung für seine knapp 5 Milliarden Nutzer und Nutzerinnen aufzubauen.

Kommt der digitale Euro?

In der vierten Welle sind gut 80 Notenbanken, die mehr als 90 Prozent des globalen Bruttoinlandsprodukts repräsentieren, mit der Entwicklung von digitalem Zentralbankgeld auf den Plan getreten. Diese Welle befindet sich noch ganz am Anfang. Digitales Zentralbankgeld wird sich vom „elektronischem Geld“ auf den Bankkonten maßgeblich dadurch unterscheiden, dass es einen direkten Anspruch gegenüber der Zentralbank darstellt und nicht nur gegenüber einer Geschäftsbank.

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat im Jahr 2021 die Untersuchungsphase für einen digitalen Euro begonnen. Dafür werden verschiedene Technologien für die Einführung ausprobiert und Entscheidungen zum technischen und legalen Design getroffen. In der Konsultationsphase im Vorhinein haben Bürgerinnen und Bürger gegenüber der EZB vor allem zwei Wünsche artikuliert: Erstens soll der digitale Euro die gleiche Anonymität wie Bargeld gewährleisten. Zweitens soll er Bargeld nur ergänzen, aber nicht ersetzen. Die Einhaltung dieser zwei Vorgaben wird für die breite Akzeptanz des digitalen Euros maßgeblich sein. Denn diese ist in Anbetracht des konkurrierenden Angebots an digitalen Währungen nicht selbstverständlich.

Angesichts der enormen Summen, die Anleger mittlerweile in digitale Währungen und andere innovative Technologien im Finanzbereich investiert haben, deutet vieles auf einen neuartigen Wettbewerb digitaler Währungen hin. Künftig werden Menschen verschiedene digitale Währungen für unterschiedliche Zwecke in ihren elektronischen Geldbörsen (Wallets) halten. Sie werden nicht mehr über ihre Standardbank investieren, und sie werden Dinge versichern, die früher als nicht versicherbar galten. Die neuen Technologien fordern viele bekannte Geschäftsmodelle heraus.

Offen für innovative Technologie

Darin mögen Risiken stecken, vor allem aber auch Chancen. Denn das Potenzial dieser innovativen Technologie, die bestehenden Probleme der Finanzwelt zu bewältigen, ist enorm. Sie demokratisiert den Zugang zum Finanzsystem, sie macht von großen Intermediären unabhängig, die Online-Transaktionskosten grenzüberschreitender Zahlungen fallen weg, und bisher behäbigen digitalen Geschäftsmodellen versetzt sie einen frischen Impuls. Um dieses Potenzial zu erschließen, ist vor allem ein belastbarer Rechtsrahmen erforderlich, der die neuen Technologien gegenüber alten nicht benachteiligt. Es bedarf zum Beispiel unkomplizierter Genehmigungsverfahren für Unternehmen auf dem Feld der Finanztechnologien (FinTech).

Ein angemessenes Marktordnungsrecht kann Deutschland und die Europäische Union als Standort im Wettbewerb digitaler Währungen stärken. Dabei ist besondere Vorsicht geboten, um weder weitere Innovationen zu erdrücken noch Regelungen zu schaffen, denen nur große Akteure entsprechen können. In der Regulierung ist deshalb Augenmaß gefordert. Der Angst vor einem kriminellen Missbrauch von Kryptowährungen lässt sich besser begegnen, indem man die technischen Fähigkeiten der Sicherheitsbehörden stärkt, als wenn man allgemeine Verbote verhängt. Idealerweise sollte es eine gesonderte gemeinsame Aufsicht auf europäischer Ebene geben, die sich um Krypto-Assets und FinTech kümmert.

Vier Wellen digitaler Währungen und die Zukunft des Geldes

Der Aufstieg digitaler Währung hat die Finanzwelt innerhalb kürzester Zeit verändert. Etablierte Geschäftsmodelle stehen vor neuen Herausforderungen. Häufig wird die gesamte Entwicklung auf eine einzige Kryptowährung reduziert: den Bitcoin. Doch seit der Entstehung dieser ersten digitalen Währung, die direkte Transaktionen zwischen Privatpersonen ermöglicht, sind zahlreiche weitere digitale Währungen entstanden. Dieses Policy Paper skizziert das Aufkommen der verschiedenen Arten digitaler Währungen in vier Wellen und bietet Politikempfehlungen, um deren zukünftige Entwicklung zu gestalten.

Sven Hilgers ist Themenmanager für Globalisierung, Freihandel und Marktwirtschaft im Referat Globale Themen und beim World Order and Globalization Hub der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit.

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